Erbschein
Gemäß § 1922 Abs. 1 BGB geht das Vermögen des Verstorbenen = Erblassers von selbst auf den Erben über. Was sich im Gesetz überraschend unkompliziert liest, ist in der Praxis tatsächlich nicht so einfach. Auf die bloße Behauptung, Erbe geworden zu sein, wird Ihnen keine Bank auch nur einen Cent auszahlen, geschweige denn ein Grundbuchamt Sie als neuen Eigentümer einer Immobilie im Grundbuch eintragen. Was Sie brauchen, um wirklich über das geerbte Vermögen verfügen zu können, ist ein Nachweis Ihrer Erbberechtigung. Dieser Nachweis = Legitimationspapier des Erben, kann im Einzelfall der Erbschein sein.
In einem Erbschein wird bestätigt, wer Erbe des Erblassers geworden ist und wem damit die Erbschaft = Nachlass zusteht. Mehrere Erben = Miterben bilden eine Erbengemeinschaft und erhalten einen Gemeinschaftlichen Erbschein, der auch die jeweilige Größe des Erbteils bezeugt. Ein einzelner Miterbe kann sich auch einen Teilerbschein erteilen lassen, was in der Regel aber nicht sinnvoll ist.
Der Erbschein wird nur auf entsprechenden Antrag von dem Nachlassgericht erteilt. Die Erteilung des Erbscheins ist mit zwei Gerichtsgebühren verbunden, deren Höhe vom Wert des Nachlasses abhängt. Nicht selten wird von dem Erben ein Erbschein zur Abwicklung des Nachlasses verlangt, obwohl gar kein Erbschein benötigt wird oder die Erbfolge auf andere Weise nachgewiesen werden kann.
Praxistipp: Prüfen Sie stets, ob überhaupt ein Erbschein erforderlich ist, um unnötige, erhebliche Kosten zu vermeiden.
Beispiel: Bei einem Wert des Nachlasses von 296.000,00 € werden für die Erteilung des Erbscheins insgesamt 1.270,00 € in Rechnung gestellt.
Wird darüber gestritten, wer Erbe geworden ist, muss die Erbfolge in einem gerichtlichen Verfahren, dem Erbscheinsverfahren geklärt werden. Gründe, warum über die Erbfolge gestritten wird, gibt es viele, z.B.:
- War der Erblasser geistig noch in der Lage, ein Testament zu errichten; Testierfähigkeit?
- Stammte das Testament wirklich von dem Erblasser oder war es gefälscht?
- Ist das Testament von seinem Wortlaut eindeutig oder lässt es sich mit unterschiedlichen Inhalten interpretieren?
- Konnte der Erblasser seine Erbfolge aufgrund einer Bindungswirkung noch wirksam ändern; Einschränkung der Testierfreiheit?
Diese und andere Streitfragen werden vor Gericht im Erbscheinsverfahren entschieden, um zu klären, wer Erbe geworden ist.
Alternativ besteht auch die Möglichkeit einer Erbenfeststellungsklage vor den Zivilgerichten. Beide Gerichtsverfahren, Erbscheinsverfahren und Erbenfeststellungsverfahren, haben Vorteile und Nachteile. Es muss daher im Einzelfall entschieden werden, welches Gerichtsverfahren für Sie als Erbe taktisch besser ist. Nutzen Sie mein Wissen als Fachanwalt für Erbrecht und meine langjährige Erfahrung in Erbscheinsverfahren und Erbenfeststellungsverfahren, um Ihr Erbrecht erfolgreich durchzusetzen.
Auslegungsvertrag
Weitgehend unbekannt ist die Möglichkeit, sich über den Inhalt eines Testaments und damit über die Erbfolge gütlich, das heißt ohne langjährige und kostenintensive Gerichtsverfahren, per Auslegungsvertrag zu verständigen. Diese Option der außergerichtlichen Streitschlichtung ist oft der Königsweg und sollte daher grundsätzlich geprüft werden.
Grundsätzlich sind Gerichte zwar nicht an einen Auslegungsvertrag gebunden, akzeptieren diesen aber nach meiner Erfahrung, solange sich der Inhalt des Auslegungsvertrages, auf den sich die Beteiligten verständigt haben, aus dem Testament herleiten lässt.